Gemeindebrief

Gemein!!!

Millionen Arbeitslose durch Bewerbungsvorlagen
 um den Job betrogen.

“Von 70 Bewerbungen schmeisse ich 50 gleich in den Müll” Mit dieser Aussage über das Bewerbungsverhalten Arbeit Suchender wird ein Personalverantwortlicher bereits im Focus (Nr. 17/2004) zitiert.
Zwei Beispiele aus der Praxis:
“Ich melde mich bei ihn wegen der Anzeige in der Zeitung Ich wahr vom 23.031982 bis 24.12.2003 bei der Firma Karl Meyer Bau GmbH als Bauwerker beschäftigt. Zur Zeit kein P.K.W”.
(Originaltext)
Der Ordnung halber sei erwähnt, dass diese Bewerbung nur aus einer Art Anschreiben besteht. - Handgeschrieben, auf die Grösse 6,5 x 21 cm (unsauber) ausgeschnitten und ohne Unterschrift versehen.
Oder:
“Hiermit möchte ich mich um einen Ausbildungsplatz als Bäcker in ihrer Firma bewerben. Da mich dieser Beruf interessiert, würde ich mich sehr freuen, wenn sie mich als Auszubildender in ihrem Betrieb aufnehmen”.
(Originaltext)

Wahrscheinlich sehen so die Bemühungen derer aus, die man häufig im Fernsehen sieht und mit todtrauriger Mine von den “bösen, bösen” Arbeitgebern reden hört. Da wurden über 500 Bewerbungen geschrieben (Na super - nach spätestens 50 Bewerbungen hätte ich meine Strategie mal überprüft.) und kaum ein Unternehmen hat geantwortet. (Was einmal im Müll liegt - bleibt auch dort!)

Es gibt aber auch andere Bewerber. Diese haben aus grauen Schulzeiten noch Fragmente über Bewerbungsrichtlinien im Kleinhirn gespeichert. Dieses Wissen wird reaktiviert und mit den Vorlagen aus Bewerbungsratgebern - selbst im MS-Office gibt es Lebenslaufvorlagen - vermischt und Eins zu Eins umgesetzt. Dann wird sich an die DIN-Normen für behördliche Briefe geklammert (Geht mir schon in Bewerbungskursen auf den Keks.) und vermeintlich erfolgreiche Bewerbungsvorlagen einfach übernommen, egal um welchen Beruf es sich handelt.

Ich erinnere mich an die Bewerbung eines LKW-Fahrers, der in diesem Punkt ganze Arbeit geleistet hat.
Er las mir voller Stolz auf seine “eigene” Leistung sein Anschreiben vor: “Folgende Eigenschaften können Sie als gegeben voraussetzen.
(Reden Menschen in einer Spedition wirklich so??) Ich bin kommunikativ, verkaufsstark, teamfähig, deutschsprechend und natürlich hochmotiviert. (Originaltext) (Genau diese Eigenschaften sind in diesem Beruf ja auch zwingend erforderlich. Als Personalentscheider habe ich Angst ihn einzustellen. Allein gelassen in seinem Führerhaus wird der große Kommunikator vielleicht Depressionen kriegen oder an Vereinsamung sterben.)

Vielleicht haben Arbeitslose mehr Glück. In fast jeder Fortbildungsmaßnahme wird Bewerbungstraining angeboten. (Bei einer Vorstellungsrunde sackte ein Teilnehmer eines neuen Kurses mit den Worten “das ist jetzt das vierte Mal” in sich zusammen) Bei sooo vielen Bewerbungstrainern kann doch nichts mehr schief gehen. Oder?
Dummerweise ist der Beruf Bewerbungstrainer nicht geschützt und setzt keine Ausbildung voraus. Jeder darf ihn ausüben. (Auch Angestellte der AOK oder der Sparkasse.) Absolut jeder, der vor einer Gruppe von Menschen verständliche Worte herausbringen kann.
(Nichts gegen gute Seiteneinsteiger aber ...) Es ist schon auffällig wie viele Studenten, Lehrer oder Diplom-Sozialpädagogen als Bewerbungstrainer eingesetzt werden. (Also Menschen, denen schon einmal die knallharte reale Luft des Arbeitsmarktes um die Nase geweht ist.) Bildungsträger gehen - meistens zurecht - von einer Rechtschreib- und Grammatikstärke aus. Dies ist allerdings keine Garantie für eine erfolgreiche Bewerbung.

So überraschte mich folgende Bewerbung nicht wirklich:
“... Nach meiner erfolgreichen Therapie bin ich nach Schwerte gezogen,, um dort einen Neuanfang im normalen Leben wieder zu finden. Ein normales Leben zu führen heisst für mich .....”
(Selbst an super sonnigen, positiven Tagen - wenn ich anfange, an den Weltfrieden zu glauben - kann ich mir nicht vorstellen, dass ein Personalentscheider diesen Bewerber einem Bewerber mit fachlichen Qualifikationen vorzieht.)

Viele Bewerbungstrainer haben im Laufe ihres Dozentenlebens eine Bewerbungsstrategie für sich entdeckt und lehren diese als den einzig wahren Glauben.
Ein Beispiel:
Aufgrund meiner “ver - rückten” Bewerbungstipps bucht mich ein Bildungsträger nicht für komplette Kurse, sondern nur tageweise für Notfälle. So ist es üblich am Vortag des Einsatzes ein ‘Briefing’ zu bekommen. Die Dozentin sprach von einer, im Grossen und Ganzen recht netten Gruppe, bis auf eine Teilnehmerin, die renitent wäre und die Seriosität
(?!?) der Schulung anzweifeln würde.
Am nächsten Tag meldete sich auch gleich eine Frau zu Wort.
“Ich besitze keinen Computer und schreibe meine Bewerbungen mit der Hand. Ihre Kollegin hat es mir verboten.”
Es gab anscheinend in ihrem Umfeld keine Möglichkeit, einen Computer zu benutzen.
Der Ton wurde etwas ungehaltener.
“Für welchen Beruf bewerben Sie sich?” fragte ich. “Altenpflegerin”.
“Verwandeln Sie den Nachteil Ihrer handgeschriebenen Bewerbung in einen Vorteil bzw. in eine Absicht. Frei nach dem Motto: In unserem Beruf wird viel mit der Hand geschrieben. Aus diesem Grund erhalten Sie eine ausführliche Probe der Lesbarkeit meiner Handschrift.”
Es ist immer wieder erstaunlich, wie schnell man Freude auf einem Gesicht sieht.
Der Kurs war nun ohne Ausnahme sehr nett.

Doch zurück zu den Vorlagen.
Altgediente Vorlagenbenutzer lassen sich nicht so leicht von ihren Grundsätzen abbringen. Auch dann nicht, wenn diese Bewerbungsstrategien nachweislich von Misserfolgen (Absagen) gekrönt sind.
Bei meinen Schulungen, in denen ich auch Bewerbungschecks mache, fällt diese Vorgehensweise immer wieder auf.
Ich zähle die ‘Unwörter’ im ersten Absatz eines Anschreiben auf: “Hiermit bewerbe ich mich bei Ihnen als ....”
Da werde ich meistens schon unterbrochen.
“Das muss man doch so machen. Die meisten Arbeitgeber würden eine feierliche Eröffnung doch erwarten.”
(Manchmal bin ich sooooo schrecklich müde.)
Mein Versuch mit Humor zu argumentieren - ....
“Im Bundes-Bewerbungs-Gesetz muss ich diesen Paragraphen wohl überlesen haben.”
... - kommt nicht an. Das Thema Bewerbung ist dafür zu ernst.
Ich fange noch mal an.
“Haben Sie schon mal an den armen Personalentscheider gedacht, der diesen Satz vielleicht hundertmal lesen muss. Schreiben Sie etwas, dass SIE ins rechte Licht setzt
- WARUM BIN ICH DER RICHTIGE FÜR DIESEN JOB !!!!!!!!! -”
Alle nicken verständnisvoll.
Einer meldet sich und fragt: “Haben Sie da eine Vorlage für mich?”
(Jetzt hält mich nur noch der Gedanke an den Eigenanteil an meiner Zahnarztrechnung davon ab, in die Tischplatte zu beißen.)
“Wissen Sie, was Sie bei der Benutzung der Vorlage wirklich schreiben?”
Hiermit
(womit denn sonst?) bewerbe ich mich aufgrund Ihres Stellenangebotes in der Zeitung xxx vom xxx (auch so eine Information, die der vergessliche Arbeitgeber dringend braucht. Wenn überhaupt gehört dies in die Betreffzeile) um einen Arbeitsplatz als xxxx. (wer hätte das gedacht?)

Also vergessen Sie die ganzen Vorlagen. Hier geht es um Ihre Person und um Ihre Fähigkeiten. Führen Sie einen Dialog mit der Stellenanzeige und teilen Sie dem Bewerbungsempfänger mit, dass SIE mit Ihren Kompetenzen und Ihren Softskills genau in sein Beuteschema passen ...

... Und wenn Sie jetzt zwischen den Zeilen gelesen haben, wissen Sie, dass Sie mich zu allen Themen rund um die Bewerbung fragen und für Ihre Seminare oder Weiterbildungen buchen können.

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